XL-Ansicht
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Titel:
"Friesin"
signiert:
van der Poll, Herbert Daniel
(1877-1963)
Amsterdam-Antwerpen
Entstehungszeit:
1941
Technik:
Öl auf
Holz
Maße:
47 x 40 cm
Preis: 2.000 EUR
Besonderheiten: Echtgoldrahmen
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Beschreibung:
Der gebürtige Amsterdamer Herbert Daniel van der Poll
hinterließ ein Œuvre, das neben äußerst geschätzten Porträts
ebenso hochqualitative Tierbilder umfasst. Außer in seiner
Heimatstadt war der Künstler auch in Antwerpen tätig, kehrte
jedoch vor seinem Tod in die Hauptstadt der Niederlande zurück.
Von 1892 bis 1897 hatte er Gelegenheit, Unterricht bei Augustus
Allebe zu nehmen, der in diesen Jahren Direktor und Dozent an
der Rijks Akademie der Bildenden Künste in Amsterdam war. Der
Genremaler beeinflusste seinen Schüler nicht nur im Bezug auf
den weichen, breiten und lockeren Farbauftrag sowie bei der Wahl
der begrenzt tonal differenzierten Palette, sondern gab an ihn
auch seinen naturalistischen Stil und die lebenslange
Begeisterung für die Darstellung menschlicher Figuren weiter.
Wie auch seinem Meister ging es Van der Poll weniger um die
exakte Wiedergabe des Gesehenen, sondern vielmehr um Farben,
Licht und Stimmung, die in den Vordergrund des Gemäldes rücken.
Obwohl beide Künstler nicht zu den dominanten Vertretern der
Haager Schule zählen, steht auch deren Werk, vor allem aber die
Arbeiten von Herbert van der Poll, unter dem Einfluss dieser
Entwicklung, die in den Niederlanden den aufkommenden
Impressionismus vorwegnahm.
Dieses Brustbildnis einer älteren Frau, der durch das Tragen
einer Haube die Zugehörigkeit zum Stand der verheirateten
Bürgersfrau bescheinigt wird, trägt nicht nur impressionistische
Züge, wie wir sie von französischen Künstlern dieser Epoche
kennen, sondern verströmt gleichzeitig eine Poesie, wie sie nur
die Niederländer selbst in die unverblümteste Darstellung
hineinlegen können. Das Gemälde besteht aus breit aufgetragenen
blauen und grauen Tönen, das Fehlen der deutlichen Scheidung in
Vordergrund und Hintergrund und der fast vollständige Verzicht
auf Tiefenwirkung ist ein bemerkenswertes Phänomen, das sich aus
der Zugehörigkeit des Werkes zur späten Schaffenszeit des
Künstlers erklärt. Der Blick der in würdevoller Zurückhaltung
dargestellten Frau ist gewissermaßen nach innen gerichtet. In
Korrespondenz mit dem tonigen Kolorit, das der Maler ebenfalls
von seinem Lehrer übernahm, gelang es Van der Poll, die
menschliche Wärme und Bescheidenheit und den stoischen Gleichmut
der Frau bildkünstlerisch zu reflektieren. Die harten, von einem
arbeitsamen Leben gekennzeichneten Züge werden durch das von
vorne auf die Gestalt fallende Licht gemildert und verklärt.
Dieses wegen der herabhängenden Mundwinkel leicht mürrisch
wirkende Gesicht wird von einzelnen Farbflecken moduliert, die
sich behutsam und diskret zu einem Ganzen zusammensetzen. Neben
den großen, farbig neutralen Flächen des blauen Kleides und der
grauen Wand, die dem Bild seine Monumentalität geben, leuchtet
dieses schöne, das gesamte Gemälde beherrschende Gesicht in
stellenweise stark durch rote Töne gehöhtem Inkarnat und bildet
somit nicht nur ein thematisches, sondern auch ein farbliches
Zentrum.
In einfühlsamer Weise, vor allem durch die subtile Lichtführung,
hat van der Poll in diesem beeindruckenden Altersporträt auch
das psychologische Moment der Resignation, des Altseins und der
Müdigkeit am Ende eines langen Lebensweges zum Ausdruck
gebracht. Der Realist Van der Poll sucht hier nicht den
sinnlichen Reiz der Erscheinung einzufangen, sondern das
seelische Gewicht, das den Menschen geformt hat und aus seinem
Antlitz, seinen Gebärden spricht und verzichtet auf jegliche
stilisierende oder idealisierende Überhöhung der Porträtierten.
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